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Dürfen Asylbewerber eine Wohnung mieten oder gibt es eine Wohnsitzauflage?
Nach einer meist sehr anstrengenden und langen Flucht träumt jeder Flüchtling davon, ein sicheres Dach über den Kopf zu haben. Fraglich ist allerdings, ob man als Flüchtling ein Recht auf eine Wohnung hat?
Die erste Zeit müssen Asylbewerber und Flüchtlinge in der Aufnahmeeinrichtung oder einem Asylbewerberheim verbringen und unterliegen einer sogenannten Wohnsitzauflage. Erst wenn sie anerkannt werden, haben sie in der Regel ein Recht auf eine eigene Wohnung.
Ab wann bekommt ein Flüchtling eine Wohnung?
Die Asylbewerber und Flüchtlinge werden nach ihrer Ankunft - nachdem sie sich angemeldet haben - nach einem bestimmten Schlüssel auf die Bundesländer verteilt. Bevor sie eine eigene Wohnung bekommen, müssen sie einige Zeit in einer Landesaufnahmeeinrichtung (LEA) und in einer Gemeinschaftsunterkunft (GU) verbringen.
Nach dem Asylgesetz können sie grundsätzlich für maximal 6 Monate verpflichtet werden, zunächst in der zugewiesenen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen. Danach werden sie auf die Städte verteilt und kommen dort in eine GU, wobei die Städte und Gemeinden für die Unterbringung zuständig sind. Während der Dauer des laufenden Asylverfahrens sind die Asylbewerber und Flüchtlinge verpflichtet, maximal 2 Jahre in der GU zu wohnen. Danach besteht in der Regel die Möglichkeit in eine eigene Wohnung zu ziehen.
Besonders schutzbedürftige Menschen (ältere Menschen, Minderjährige, Alleinerziehende, Opfer von Vergewaltigungen und Folter, Menschen mit Behinderungen) sollen spätestens nach 1 Jahr - soweit vorhanden - in einer Wohnung untergebracht werden. Wenn ausreichender Wohnraum vorhanden ist und der Lebensunterhalt des Betroffenen gesichert ist, ist ein Auszug sogar schon vorher möglich.
Wenn man als Asylberechtigter anerkannt wird oder den Flüchtlingsstatus erhält, hat man ohnehin einen Anspruch auf eine eigene Wohnung. Danach darf man seinen Wohnsitz in ganz Deutschland frei wählen. Wenn man aber trotzdem keine Wohnung findet, kommt man in einer Anschlussunterbringung (in der Regel Gemeinschaftsunterkünfte) unter, für die die Städte/Gemeinden zuständig sind. Aufgrund der aktuell herrschenden Wohnungsnot in Deutschland finden viele Personen trotz Anerkennung keine Wohnung und müssen somit weiterhin in den Einrichtungen bleiben.
Welche Unterlagen benötigt man für eine Wohnung?
Um eine Wohnung anzumieten, benötigt man diverse Unterlagen. In der Regel werden folgende Unterlagen verwendet:
- Kopie derAufenthaltserlaubnis bzw. der Duldung,
- Arbeitsvertrag und Einkommensnachweise (wenn man arbeitet),
- Bescheid vom Jobcenter bzw. Agentur für Arbeit (wenn man nicht arbeitet),
- Mietübernahmeschein des Jobcenters (wenn man nicht arbeitet),
- Schufa-Auskunft,
- evtl. WBS-Schein (diesen benötigt man, wenn es um Sozialwohnungen geht),
- evtl. polizeiliches Führungszeugnis (eher selten der Fall; zu erhalten beim Bürgeramt/Rathaus).
JuraForum.de-Tipp:
Um eine Wohnung zu finden sollte man nicht nur die Internet-Portale nutzen, sondern auch Tages- und Wochenzeitungen lesen. Im Übrigen sollte man auch beim Einkaufen ein Auge auf das sogenannte „schwarze Brett“ werfen.
Wohnsitzauflage und gesetzliche Regelung
Flüchtlinge und Asylbewerber unterliegen zunächst der sogenannten „Wohnsitzauflage“. Diese wird auch räumliche Beschränkung genannt. Das bedeutet, dass der Staat ihnen mehr oder weniger vorgibt, in welchem Bundesland bzw. in welcher Stadt sie wohnen dürfen. Es gibt Kritiker, die darin einen Eingriff in die Freizügigkeit und einen Verstoß gegen EU-Recht sehen. Es gibt zwar in Europa das Recht auf Freizügigkeit. Dieses Recht steht allerdings nicht Asylbewerbern und Flüchtlingen zu.
Diese unterliegen nun einmal zunächst der Wohnsitzauflage, die mittlerweile in allen Bundesländern gilt. Dennoch wird diese Auflage von jedem Bundesland anders gehandhabt. Sehr streng umgesetzt wird sie vor allem von Nordrhein-Westfalen. Deutschland und auch andere Länder der EU benutzen die Wohnsitzauflage als Steuerungsinstrument bei der Verteilung von Flüchtlingen, um die Ansiedlung und Integration zu regulieren.
Die Wohnsitzauflage findet ihre Rechtsgrundlage vor allem in § 61 Abs. 1 (1d) AufenthG (Aufenthalts-Gesetz), wo es heißt:
„Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage).“
Am 6.8.2016 ist das Integrationsgesetz vom 31.07.2016 in Kraft getreten. Dieses gilt für anerkannte Flüchtlinge und andere vergleichbare Gruppen und sieht vor allem die Einschränkung der Freizügigkeit und ausländerrechtliche Wohnsitzauflagen vor. Das Gesetz betrifft Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis, wobei das BAMF Abschiebehindernisse festgestellt hat, auf aus dem Ausland aufgenommene Personen, auf international Schutzberechtigte und auch auf Personen, die unter eine Gruppenregelung zur Aufnahme fallen.
So gibt es verschiedene Einschränkungen der Freizügigkeit, die sich aus § 12 a AufenthG ergeben. U.a. geht es darum, dass eine Zuweisung zu einer bestimmten Stadt innerhalb der ersten 6 bis 12 Monate nach der Anerkennung erfolgen kann und dass alle vorgenannten betroffenen Gruppen für die Dauer von 3 Jahren der Beschränkung der Wohnsitzauflage unterliegen. Die Auflage bezieht sich im Übrigen immer auf das Bundesland, wo die erste Aufenthaltserlaubnis ausgestellt wurde, wenn bis dahin keine Zuweisung erfolgt ist. Ein Zuzugsverbot zu einem bestimmten Ort stellt § 12 a AufenthG dar, wenn zu erwarten ist, dass der Ausländer Deutsch dort nicht als wesentliche Verkehrssprache nutzen wird. Allerdings hat man die Situation des dort vorherrschenden Ausbildungs- und Arbeitsmarktes bei der Entscheidung zu berücksichtigen. Die Regelung des § 12a AufenthG scheint vor allem im Hinblick auf das EU-Recht und auf die Genfer Flüchtlingskonvention als problematisch.
Wohnsitzauflage aufheben
Man kann zwar als Betroffener einen Antrag auf Aufhebung der Wohnsitzauflage bei der Ausländerbehörde stellen. Mitzuteilen hat man die Stadt/Gemeinde, in die man ziehen möchte. Ob dies klappt, liegt im Ermessen der Behörde, die sich in der Regel mit der Behörde im „Wunschort“ abspricht. Dem Antrag wird meistens dann stattgegeben, wenn man selbst den Lebensunterhalt für sich und seine Familie aufbringt und somit keine Sozialleistungen in Anspruch nimmt. Noch einfacher wird es, wenn man sogar schon eine entsprechende Wohnung und/oder Arbeit gefunden hat.
So besagt § 12a Abs.5 S.1 Nr.1 AufenthG, dass die Wohnsitzverpflichtung aufgehoben werden kann, wenn man eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich (Gehalt mindestens 712,- € netto) aufnimmt. Die Auflage ist vor allem auch in den Fällen aufzuheben, wo eine Berufsausbildung oder ein Studium aufgenommen wird. Eine Wohnsitzauflage ist spätestens dann nicht mehr rechtens, wenn man einen Aufenthaltstitel erhalten hat.
Nachfolgend sehen Sie ein Muster für einen Antrag auf Aufhebung der Wohnsitzauflage:
Urteil des OVG Münster zur Wohnsitzauflage:
Wer nach dem 1.12.2016 nach Deutschland gekommen ist, musste in die Stadt/Gemeinde ziehen, die seitens des Staates bestimmt wurde. Hiergegen hat ein Flüchtling geklagt, der aus dem Irak stammt und gerne zu Verwandten ziehen wollte. Diesem Wunsch kam man nicht nach und hat ihn stattdessen nach Kerpen verwiesen, so dass er nur dort wohnen durfte. Er hat somit gegen diese Wohnsitzauflage Klage erhoben.In erster Instanz hat er noch „verloren“ und die Klage wurde abgewiesen. Er legte gegen das Urteil Berufung ein, so dass das OVG Münster nunmehr zu entscheiden hatte. Ihm wurde Recht gegeben mit der Begründung, dass die strenge Auslegung der Wohnsitzauflage in NRW so rechtswidrig sei.
„Wer als Flüchtling nach Deutschland kommt, darf zwar einem Bundesland zugewiesen werden - er darf aber nicht dazu gezwungen werden, in einem bestimmten Ort zu leben“, so entschied das OVG Münster in seinem Urteil vom 04.09.2018, Az. 18 A 256/18.
Dieses Urteil wird in der Praxis Auswirkungen auf viele andere Fälle haben.