Flüchtlingskind - Begriff
Bei einem Flüchtlingskind handelt es sich um ein Kind, das durch Flucht vor Krieg, Gewalt, Verfolgung, Zwangsheirat etc. seine Heimat verloren hat und Asyl und Schutz in einem anderen Land sucht.
Gesetzliche Grundlage
In Deutschland kommen immer mehr Flüchtlinge an, die unter 18 Jahre alt sind. Sie sind auf psychologische Betreuung, medizinische Versorgung, einen sicheren Aufenthaltsstatus und vor allem auch Schulbildung angewiesen. Die UN-Kinderrechtskonvention bildet die Grundlage für den Umgang und die Behandlung von Flüchtlingskindern. Ergänzend kommt das Wohl des Kindes dazu.
„Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, gleich viel ob sie von öffentlichen oder privaten Einrichtungen
der sozialen Fürsorge, Gerichten, Verwaltungsbehörden oder Gesetzgebungsorganen getroffen werden,
ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist.“
So steht es ausdrücklich in Artikel 3 Abs. 1 der UN-Kinderrechtskonvention. Somit ist auch im Asylverfahren stets das Kindeswohl zu berücksichtigen. Sodann gibt es noch den Artikel 22 Abs. 1 der UN-Kinderrechtskonvention, welcher für die Kinder „angemessenen Schutz und humanitäre Hilfe“ verlangt. Auch ein Kind, das in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einreist und Schutz sucht, kann diese Rechte der UN-Kinderrechtskonvention in Anspruch nehmen. Diese Rechte stehen allen Kindern zu, die sich innerhalb der Hoheitsgewalt eines Vertragsstaates befinden.
Auch die Vorschriften des deutschen Kinder- und Jugendhilferechts (SGB VIII) kommen den Flüchtlingskindern sehr zu Gute und legen als Grundsatz fest, dass jedes Kind ein „Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf die Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ hat. Sodann gibt es noch das „Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher“, das 2015 in Kraft getreten ist. Ziel ist die Verbesserung und Förderung des psychischen und körperlichen Wohlbefindens der Kinder.
Die Flüchtlingskinder können sich auch auf die Rechte berufen, die sich aus der Genfer Flüchtlingskonvention ergeben. Deutschland ist auch Vertragsstaat des Genfer Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge. Die Rechte der Genfer Flüchtlingskonvention sind ähnlich wie die aus der UN-Kinderrechtskonvention.
Kinder, die unbegleitet einreisen, sind noch überforderter als andere Kinder und benötigen daher in der Regel noch mehr Hilfe. Hier kommen die Familiengerichte und Jugendbehörden (Jugendämter etc.) ins Spiel, die sich um die Angelegenheiten dieser Kinder kümmern. Es geht dann darum, dass das Kind in einem Jugendheim oder in einer geeigneten Familie unterkommt. Damit das Flüchtlingskind seine Rechte erkennt und wahrnimmt, wird ihm ein Vormund nach § 1666 BGB bestellt.
Rechte im Asylverfahren
Als Flüchtlingskind ist man im Asylverfahren gegenüber anderen Flüchtlingen privilegiert und mehr geschützt. Wenn mal als Flüchtlingskind alleine einreist und minderjährig ist, bekommt man grundsätzlich noch vor der Antragstellung eine Duldung. So sieht es
§ 58 AufenthG vor.
JuraForum.de-Tipp:
Es gibt allerdings eine Ausnahme und zwar dann, wenn Minderjährige einreisen, bei denen Familienangehörige sich bereits in einem sogenannten „Dublin-Mitgliedstaat“ befinden. In diesen Fällen können Minderjährige und die Angehörigen zusammengeführt werden, wenn es dem Kindeswohl entspricht.
Schulpflicht und Bildung
Gilt für Flüchtlingskinder die Schulpflicht? Die Schulpflicht wird von den einzelnen Bundesländern geregelt. Danach setzt die Schulpflicht in der Regel für Kinder ab 5 bzw. ab 6 Jahren ein. Diese Regelung setzt in der Regel 3 Monate nach Zuweisung an eine Kommune ein.
Artikel 28 der UN-Kinderrechtskonvention besagt, dass alle Kinder - also auch Flüchtlingskinder - das Recht auf Bildung haben. Solange die Flüchtlingskinder in der Erstaufnahmeeinrichtung sind, besteht allerdings kein Anspruch auf einen Regelschulplatz. Daher können viele Flüchtlingskinder zunächst für eine längere Zeit nicht zur Schule gehen. Erst wenn sie auf die Gemeinden und Städte verteilt werden, besteht der Anspruch auf einen Schulplatz.
Problematisch ist es oft bei den Jugendlichen und Heranwachsenden, die der Schulpflicht nicht mehr unterliegen. Sie kriegen regelmäßig keinen Schulplatz und verpassen dadurch, einen Schulabschluss zu machen. Bayern hat dagegen etwas getan und mittlerweile so genannte „Flüchtlingsklassen“ eingerichtet, an denen man in der Regel sogar bis zum 25. Lebensjahr teilnehmen kann. So können die Betroffenen wenigstens einen Schulabschluss machen.
Wenn man derartige Flüchtlingsklassen nicht in Anspruch nehmen kann, sollte man sich an Abend- und Volkshochschulen wenden, die in der Regel auch die Möglichkeit geben, einen Abschluss zu machen.
Recht auf Ausbildung und Praktikum
Viele Kinder und Jugendliche tun sich schwer, einen Ausbildungsplatz bzw. ein Praktikum zu finden, erst Recht die Flüchtlingskinder. Wenn man als Flüchtlingskind im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, hat man das Recht, eine Ausbildung oder ein Praktikum zu machen.
Hat man lediglich eine Duldung bzw. eine Aufenthaltsgestattung, benötigt man für ein Praktikum und auch für eine Ausbildung die Zustimmung der Ausländerbehörde, die in der Regel die Zustimmung erteilt. Geht es um eine schulische Ausbildung, benötigt man keine Zustimmung. Auch in Fällen, wo es um ein ausbildungs- oder studienbegleitendes Praktikum, um ein sogenanntes Praktikum zur Orientierung oder um ein Pflichtpraktikum geht, das aufgrund einer Ausbildungsordnung oder schulrechtlichen Bestimmung verpflichtend ist, benötigt man keine Zustimmung.
Deutschland bietet inzwischen über 400 Ausbildungsberufe an. Hilfestellungen und Beratungen erhält man vor allem von der örtlichen Berufsberatung der Agentur für Arbeit (auch auf deren Internetseiten).
Kann man Flüchtlingskinder adoptieren?
Wenn ein Kind alleine einreist, wird es von den Jugendämtern aufgenommen und in den entsprechenden Einrichtungen untergebracht. In Deutschland gibt es sehr viele unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UmF). In Obhut der Jugendämter befinden sich aktuell ca. 50.000 Flüchtlingskinder, die teilweise auch privat untergebracht werden. Es ist auch Aufgabe der Jugendämter, zu ermitteln, ob das Kind im Inland oder Ausland Angehörige hat, um ggf. eine Zusammenführung zu veranlassen. Das betroffene Kind hat das Recht, eine solche Zusammenführung abzulehnen.
Um ein Flüchtlingskind zu adoptieren, sollte man sich an das entsprechende Jugendamt wenden. Hier sollte man sich zunächst gründlich beraten lassen, um zu erfahren, welche Voraussetzungen man erfüllen muss. Der Ablauf ist wie bei der Adoption eines inländischen Kindes. In der Regel wird folgendes verlangt:
- Nachweisen, dass man geeignet ist, sich ausreichend um das Kind und seine Belange zu kümmern,
- genügend Wohnraum muss zur Verfügung stehen,
- Gesundheitszeugnis,
- Polizeiliches Führungszeugnis,
- ggf. weitere Unterlagen, je nach Einzelfall.
Hat man die Absicht, ein Kind in Pflege zu nehmen oder gar die Vormundschaft zu übernehmen, hat man sich ebenfalls an das jeweilige Jugendamt zu wenden. Es prüft dann ebenfalls, ob man dafür geeignet ist.
Können Flüchtlingskinder abgeschoben werden?
Flüchtlingskinder, die minderjährig und unbegleitet sind, sind grundsätzlich geschützt vor einer Abschiebung, selbst wenn sie aus einem sicheren Drittstaat kommen. Nur in absoluten Ausnahmefällen ist eine Abschiebung von Flüchtlingskindern möglich.
Beispiel:
Wenn es im Herkunftsland Familienangehörige gibt oder wenn im Herkunftsland eine geeignete Aufnahmeeinrichtung plausibel und seriös zugesichert/nachgewiesen hat, dass sie das Kind in Empfang nehmen, unterbringen und verpflegen können, kommt eine Abschiebung durchaus in Betracht. Die Praxis zeigt allerdings, dass die Abschiebung von Flüchtlingskindern so gut wie gar nicht vorkommt.